Die Digitalisierung der Hausverwaltung
Schon heute profitieren wir von digitalen und virtuellen Produkten. Neue Wohnformen und Arbeitsumfelder entstehen, ergänzen und verändern unser Lebensumfeld. Spätestens seit dem Coronavirus wissen wir, dass Digitalisierung mehr ist als nur ein Feature.
Marc Lorenz
Ohne die Digitalisierung in ihrer einfachsten Form, dem Home Office, wäre der Einbruch der Produktivität durch die Corona-Krise in fast allen Wirtschaftsbereichen vermutlich kaum zu bewältigen gewesen.
Dass der Transformationsprozess von der analogen Welt in die digitale Realität nicht nur machbar, sondern vielmehr gewünscht und notwendig ist, machen die “Digital Natives” vor. Die Vernetzung von Lebensbereichen, im einfachsten Fall Leben und Arbeiten (Work & Life) wird von Digital Natives als Normalität empfunden. Informationen werden nach Adressaten spezifiziert geteilt und in der Cloud verfügbar gemacht. Diese Art des Interagierens verhindert Brüche in den Prozessen und stellt sicher, dass Informationen auch dann verfügbar bleiben, wenn einzelne Mitglieder von Arbeitsgruppen ausfallen. Die analoge Welt ist anders als in digitalen Prozessen nicht in einer Cloud organisiert, sondern meist sequenziell. Der Ausfall eines Gliedes in der Kette bringt den entsprechenden Prozess vorübergehend zum erliegen.
Warum hinken Hausverwaltungen der Entwicklung hinterher?
Der Bereich Wohnen konnte sich der Digitalisierung lange Zeit entziehen. Bereits die Menge an neuen Begriffen und Begrifflichkeiten treibt den meisten klassischen Hausverwaltern in Berlin die Schweißperlen auf die Stirn. Was ist im Zusammenhang mit Digitalisierung ein soziostruktureller Transformationsprozess? Warum muss eine kleine Wohnung plötzlich ein Mikroapartment sein und was sind APIs oder die Cloud? Es darf nicht vergessen werden, dass auf der anderen Seite der „Digital Natives“ eine alternde Gesellschaft steht. Aber auch hier sind die Entwicklungen in vollem Gange. Die heute über 70-jährigen sind bei weitem nicht unbedarft, was den Umgang mit aktuellsten Technologien betrifft; sie haben den Nutzen der Digitalisierung längst für sich erkannt und gehören zu den dankbarsten Usern und Early Adoptern neuer Trends. Nach dem Gebot „I stay @home statt Seniorenheim“ bietet das eigene Zuhause dank technischer Unterstützungssysteme vollkommen neue Möglichkeiten, die Selbstständigkeit älterer Menschen viel länger als je zuvor aufrecht zu erhalten. Das selbstbestimmte Wohnen im Alter wird bei künftigen Wohnprojekten bisher noch weniger berücksichtigt. Barrierefreie Bauweisen sind zwar mit höheren Kosten verbunden, werden aber langfristig hohe Renditen abwerfen. Dieser Umstand wird den Bestandswohnungsmarkt noch vor große Herausforderungen stellen.
Aus der Hausverwaltung muss ein Immobilienmanagement werden
Die klassischen Hausverwaltungen haben lange so getan, als ginge sie das Thema Digitalisierung nichts an. Unter Digitalisierung wurde und wird bis heute in vielen Hausverwaltungen das Übertragen von eingeführten “bewährten” analogen Prozesse in ERP-Systeme verstanden. Dieser isolierte Blick auf interne Prozesse vernachlässigt die wichtigste Komponente eines modernen Immobilienmanagements, nämlich die Vernetzung aller involvierten Personen, Entitäten, Systeme und Informationen. Ein fundamentaler und
immer wiederkehrender Kritikpunkt an klassischen Hausverwaltungen ist das Fehlen jeglicher Transparenz. Wer einmal Einblick in eine Berliner Hausverwaltung alter Schule gewonnen hat, wird begreifen, dass dieses Defizit nicht nur eine Frage der Unternehmenskultur, sondern vielmehr der Verhaftung in maximal analogen Prozessen ist. Das Selbstverständnis der Hausverwaltung im Jahr 2020 muss daher sein, zu managen, verbinden und zu informieren. Wo gemanagt wird statt zu verwalten, stehen nicht die eigenen Prozesse im Zentrum des Interesses, sondern der Kunde und die Immobilie.
Die Transformation der klassischen Hausverwaltung zum modernen, daten-, prozess- und servicegetriebenen Unternehmen ist alternativlos. Prozessgeschwindigkeiten sowie der zeit- und ortsunabhängige Informationsfluss sind nur zwei Parameter, die das digitale Immobilienmanagement der klassischen Hausverwaltung voraus hat.
Management Dashboards
Unter Digitalisierung wurde lange die Optimierung der Kommunikation zwischen vorhandenen Systemen verstanden. Von reibungslos miteinander kommunizierenden Systemen profitiert im besten Fall das Unternehmen, der Kunde meist jedoch nicht. Das Reporting, für fast hundert Prozent der Eigentümer und damit der Klienten der Hausverwaltung, beschränkte sich über Generationen auf unübersichtliche, zeitlich fast immer überholte und schlecht aufbereitete Excel-Auszüge. Erst mit dem Verstehen von und dem Verständnis für die Anforderungen des Kunden (!) an die Digitalisierung ist die überkommene Schnittstellen-Philosophie abgerückt. Der Eigentümer und Hausverwaltungskunde will Zugriff auf die kennzahlen seines Immobilienbestandes. Er erwartet ein von Zeit und Ortsunabhängiges Tool. Hier liegt das eigentlich Potenzial digitalisierten Immobilienmanagements: Ein transparenteres Portfoliomanagement, der schnelle und sichere Zugriff auf real-time Datenbestände und damit einhergehend ein besseres Verständnis des Portfolios für die Entscheidungsfindung auf einer soliden Grundlage.
Und das Tagesgeschäft?
Im operativen Tagesgeschäft spielt die Digitalisierung andere Stärken aus. Die Integration der Gebäudetechnik in das technische Facilitymanagement und die Anbindung externer Dienstleister (z.B. Ablesediensten) reduzieren Kosten, beschleunigen Prozesse und wirken sich positiv aus, indem sie unvorhergesehene Maßnahmen (Havarien) bereits im Vorfeld durch Sensorik erkennbar machen. Workflows im Mietermanagement, die von Mietern über Serviceportale angestoßen werden können und Handwerksfirmen und das Management integrieren, reduzieren Wegezeiten und Kosten.
Die Soft-Skills der Digitalisierung
Das Beste kommt zuletzt. Wer sich bis hierhin durchgearbeitet hat, wird vielleicht erkannt haben, dass die Digitalisierung dem Menschen dient, indem sie Bruchstellen eliminiert, für eine reibungslose Funktion von Immobilien sorgt und nicht zuletzt das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter positiv beeinflusst und damit die Zufriedenheit steigert. Mieter, die in
Einklang mit ihrer Wohnung, dem Management und damit dem Eigentümer leben, erkennen darin einen Mehrwert, zufrieden. Im weitesten Sinne schafft die Digitalisierung damit Raum für hedonische Preissteigerungen.
Marc Lorenz
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