Berlin Immobilien: Steigt das Fieber?
Die Corona-Krise wird zu Liquiditätsengpässen bei Mietern in Berlin führen. Bundesregierung und Berliner Senat steuern mit Schutzschirmen und Programmen dagegen. Wer ist besonders gefährdet?
Marc Lorenz
Bringt die Corona-Krise Mieter in Bedrängnis?
Die Verunsicherung angesichts des SARS-CoV-2 Virus ist sehr groß und es zeichnen sich enorme menschliche und wirtschaftliche Auswirkungen ab. Ob Vermieter oder Mieter, Gewerbe- oder Wohnimmobilien: Die Krise wird nicht ohne deutliche Spuren vorüber gehen. Es ist damit zu rechnen, dass die Märkte und Segmente im Laufe des Jahres unterschiedlich stark und zeitverzögert reagieren.
Mieter und Vermieter in der Coronakrise
Die Coronakrise trifft nicht selektiv einzelne Bevölkerungsgruppen, sondern über Kaskadeneffekte früher oder später fast alle Marktteilhaber. Die Bundesregierung hat mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie einen Schutzschirm aufgespannt, der im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht die Auswirkungen der Krise vor allem für Mieter dämpfen soll.
Viel Mieterschutz - zu wenig Vermieterschutz
Die Bundesregierung will mit dem Gesetz die Verschuldung, Wohnungsnot und den Verlust von Erwerbsgrundlagen verhindern. Die Leistungspflichten der Mieter können erst ab einem späteren Zeitpunkt von den Vermietern eingefordert werden. Das Gesetz beschränkt damit das Recht des Vermieters zur Kündigung, ohne die Mieter freizustellen. Der Gesetzgeber erhofft sich einen Dämpfungseffekt angesichts der Einkommensverluste und Liquiditätsengpässe bei Mietern. Konkret wird für Mietverhältnisse das Recht der Vermieter zur Kündigung wegen Mietschulden, die vorerst zwischen 1. April 2020 bis 30. September 2020 entstehen, ausgesetzt. Einen Hilfsfonds, wie von vielen Seiten gefordert, gibt es zur Zeit nur für Gewerbemieter. Wohnungsmieter können bei Gehaltseinbußen Wohngeld beantragen.
Werden auch Vermieter geschützt?
Bei einem großen Teil der privaten Vermieter in Deutschland und Berlin handelt es sich um kleine Unternehmer, Freiberufler, Familienbetriebe oder Familien, die auf die Mieteinnahmen ihrer Immobilien für die Bewirtschaftung, Finanzierung und den eigenen Lebensunterhalt angewiesen sind. Für diese Vermietergruppe wiegen Mietausfälle schwer. Sie tragen das Leerstandsrisiko im Gewerbesektor und müssen die Bewirtschaftung sicherstellen. Vor diesem Hintergrund kritisieren Eigentümerverbände, den Schutzschirm als einseitig zugunsten der Mieter. Der Mieterbund und der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, GdW, hatten sich für einen staatlichen Wohnfonds bei Mietausfällen für Wohnimmobilien eingesetzt, der, wie auch der Vorschlag einer Subjektförderung in Form eines Sonderwohngeldes für Wohnungs- und Kleingewerbemieter, unbeachtet blieb.
Bei welchen Vermietern wohnen die Berliner
Etwa ein Viertel der etwa 1,45 Millionen Mietwohnungen in Berlin wird von Privatpersonen vermietet. In Summe beträgt der Wohnungsbestand etwa 1,95 Millionen Einheiten, überwiegend in Geschosswohnbauten mit 3 oder mehr Einheiten. Rund 337.000 Einheiten werden von den Eigentümern selbst bewohnt. Die ca. 1,45 Millionen vermieteten Wohnungen verteilen sich auf vier Säulen:
Mieter in Berlin nach Art der Erwerbstätigkeit
Die Mieterquote in Berlin liegt bei ca. 83 Prozent der Gesamtbevölkerung von etwa 3,77 Millionen. Die Zahl der Erwerbstätigen beträgt ca. 2,065 Millionen Personen, darunter etwa 1,53 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
Was ist, wenn der Shutdown länger dauert?
Bei einem länger anhaltenden Shutdown sind Mietausfälle auch bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wahrscheinlich, sofern diese nicht über einen Notfonds aufgefangen werden. Die vorgesehene Stundung mit Kündigungsschutz muss durch eine Subjektförderung oder durch gesetzliche Ansprüche der Vermieter in Höhe der Ausfälle gegenüber dem Notfonds ersetzt werden. Auch muss zur Vermeidung von Mitnahmeeffekte der Nachweis über den Grund des Engpasses beim Mieter und nicht beim Vermieter liegen. Ein staatlicher Fonds ist darüberhinaus der einzige Weg, wie Mieter von aufgelaufene Mietschulden zu einem späteren Zeitpunkt pauschal entlastet werden können. Wohnungsmieter können bei Gehaltseinbußen Wohngeld beantragen. Wer gar keinen Lohn mehr erhält oder zu wenig kann gegebenenfalls auch Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld beantragen.
Fazit
Der Bundestag hat mit dem „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ einen Schutzschirm aufgespannt, der Mieter, die aufgrund des Coronavirus im Zeitraum von April bis Juni 2020 ihre Miete nicht oder nicht vollständig zahlen können, vor Kündigung ihrer Mietverträge wegen des Zahlungsverzugs absichert. Auch wenn die Coronakrise zu Liquiditätsengpässen bei vielen Mietern in Berlin führen wird, ist eine differenzierte Betrachtung wichtig. Bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Quarantänefall kann angenommen werden, dass Liquiditätsengpässe erst ab der siebten Quarantänewoche eintreten können. Bei Kurzarbeit können bereits vorher Engpässe eintreten.
Bei Beamten und Angestellten ist nicht von Liquiditätsengpässen auszugehen.
Für etwa 306.000 nicht sozialversicherungspflichtige Personen ist die Lage am kritischten. Viele Klein- und Einzelunternehmer kann es doppelt treffen, da neben den Wohnungsmieten auch Gewerbemieten zu leisten sind. Für diese Berufsgruppe werden Hilfen in Höhe von 100 Millionen Euro bereitgestellt.
Marc Lorenz
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